Kultur und Austausch
Die Japanische Internationale Schule in Düsseldorf:
(Japan Forum, April 2002, S. 1-2)
Die amerikanische Literaturwissenschaftlerin Cathy N. Davidson berichtet in ihrem Buch "36 Ansichten von Japan", sie habe auf die Frage, warum das japanische Schuljahr im Frühling anfange, die Antwort erhalten, dass auf diese Weise die Mütter ihre Kinder zur Kirschblütenzeit in die Schule schicken könnten. Und vielleicht hat es ja tatsächlich ein klein wenig damit zu tun, dass diese Zeit, in der alles frisch ausschlägt, wächst und gedeiht, ideal dafür erscheint, mit jugendlichem Elan einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. Jedenfalls ist es eine schöne Vorstellung, dass sich Jungen und Mädchen unter blühenden Kirschbäumen auf den Weg in die Schule machen.
Gegründet wurde die Japanische Internationale Schule im Jahre 1971 und konnte im vergangenen Jahr ihr 30-jähriges Bestehen feiern. Die Idee einer eigenen Schule für die schulpflichtigen japanischen Kinder reicht allerdings rund ein Jahrzehnt weiter zurück. Bereits 1960 bildete sich eine entsprechende Elterninitiative zur Gründung einer japanischen Ganztagsschule, deren Anliegen von der Japanischen Industrie- und Handelskammer, dem Japanischen Club und dem Japanischen Generalkonsulat unterstützt wurde. Im gleichen Jahr begann man, in Ergänzung zu den deutschen Schulfächern speziellen Japanischunterricht für die im Düsseldorfer Raum lebenden Schüler zu organisieren, um die Muttersprache auch in Schriftform präsent zu halten.
Zur damaligen Zeit besuchten die japanischen Kinder ganz normal die deutsche Schule. Dadurch lernten sie zwar rasch Deutsch und kamen auch ganz selbstverständlich in Kontakt mit den Einheimischen. Allerdings reichte der Ergänzungsunterricht in Japanisch oft nicht aus, um ihnen bei ihrer Rückkehr in die Heimat eine problemlose Wiedereingliederung in das dortige Schulsystem zu ermöglichen. Denn häufig fehlte ihnen nach ihrem Auslandsaufenthalt nicht nur die japanische Schreibpraxis, sondern vor allem mancher Unterrichtsstoff, der in Deutschland nicht zum Lehrplan gehört hatte, in Japan aber bei den wichtigen Aufnahmeprüfungen verlangt wurde. Erst mit der Einrichtung der Japanischen Internationalen Schule, die sich am offiziell in Japan vorgeschriebenen Curriculum orientierte, konnte dieses Problem dauerhaft gelöst werden.
Am 21. April 1971 öffnete die Japanische Internationale Schule in Düsseldorf als erste japanische Ganztagsschule in Europa für 43 Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 5 bis 9 ihre Pforten. Als Schulgebäude fungierte anfangs das Canisiushaus, das zur St. Antonius-Kirche im Stadtteil Oberkassel gehörte. Als rund ein Jahr später im Mai 1972 auch der Unterrichtsbetrieb für die 1. bis 4. Klasse aufgenommen wurde, mietete man für diese 90 Schüler Räumlichkeiten der Don-Bosco-Schule hinzu. Kurz zuvor war die Schule am 10. Februar 1972, nur zehn Monate nach ihrer Gründung, offiziell vom japanischen Kultusministerium als Bildungseinrichtung im Ausland anerkannt worden. Zwei Monate später begann man damit, Pläne für ein eigenes Schulgebäude am Niederkasseler Kirchweg 38 in die Tat umzusetzen. Dieser für 330 Schüler konzipierte Bau konnte am 9. März 1973 feierlich eingeweiht werden und ist heutzutage nicht mehr aus dem Leben der hiesigen Japanischen Gemeinde wegzudenken, zumal vielerlei Aktivitäten, Feste und Konzerte dort stattfinden.
Seit der Gründung hat sich allerdings einiges verändert: Das Anwachsen der Japanischen Gemeinde und damit auch der Zahl der schulpflichtigen japanischen Kinder machte schon bald eine Erweiterung des Schulkomplexes notwendig. Durch zwei 1975 und 1979 errichtete Anbauten gelang es, rund 700 Schüler aufzu-nehmen. Als die Zahl der Anmeldungen noch weiter anstieg, wich man 1983 mit der Mittelschule (7.-9. Klasse, damals 175 Schüler) auf das Gebäude der ehemaligen Realschule in der Lankerstraße [siehe entsprechenden Artikel zur Lankerschule] aus, das erst im Sommer 2001 aufgrund des deutlichen Rückgangs schulpflichtiger Kindern aufgegeben werden musste. 1993 wurde auf dem Gelände am Niederkasseler Kirchweg ein dritter Anbau fertiggestellt, so dass damit die Gesamtkapazität der Schule auf 1000 Kinder stieg; dies entspricht auch ungefähr der Höchstzahl an Schülern, die in der ersten Hälfte der 1990-er Jahre erreicht wurde.
Im Unterschied zu den öffentlichen Schulen in Japan handelt es sich bei der Japanischen Internationalen Schule um einen eingetragenen Verein. Er finanziert sich hauptsächlich über das Schulgeld, das die Eltern für den Unterricht ihrer Sprösslinge zahlen. Hinzu treten gelegentlich Spenden, durch die man in die Lage versetzt wird, manche heißersehnten Anschaffungen zu tätigen. Zuletzt konnten nach einer entsprechenden Sammlung bei den japanischen Unternehmen im Raum Nordrhein-Westfalen im August 2001 zusätzliche 85 Computer erstanden werden, so dass die Schüler - dem Trend der Zeit entsprechend - eine umfassende IT-Ausbildung erhalten, für die derzeit insgesamt 115 Geräte zur Verfügung stehen.
Der überwiegende Teil der Lehrer kommt aus Japan und wird für drei Jahre von der japanischen Regierung entsandt. In Zukunft soll die Aufenthaltsdauer jedoch etwas flexibler gehandhabt werden, so dass bestimmte Lehrer bis zu vier Jahre bleiben können. Derzeit unterrichten an der Schule 32 Lehrkräfte aus Japan, sechs Ortskräfte und 13 Teilzeitkräfte und kümmern sich um 678 Schüler, darunter 523 Grundschüler und 155 Mittelschüler (Stand: 1. Januar 2002).
Der Unterricht beginnt morgens um 8:30 Uhr. Wie in deutschen Schulen dauert eine Schulstunde 45 Minuten; die Pause zwischen den einzelnen Stunden beträgt 10 Minuten; um fünf Minuten länger ist die sog. große Pause nach der 2. Stunde. Nach der 4. Stunde haben die Schüler ab 12:20 Uhr eine Dreiviertelstunde Zeit, das Mittagessen, das sie gewöhnlich von zuhause mitgebracht haben, zu verzehren; um 13:05 Uhr wird der Unterricht fortgesetzt. Ist die reguläre Schule vorbei, gehen keineswegs alle Schüler sofort nach Hause. Die meisten gehören einem der zahlreichen Clubs an, in denen - wie in Japan üblich - verschiedene Sportarten, Musik und andere kulturelle Aktivitäten gepflegt werden. Das großzügige Schulgelände, zu dem u.a. auch eine Turnhalle und ein großer Sportplatz mit Tartanbahn gehört, eröffnet dabei viele Möglichkeiten.
Wie in japanischen Schulen üblich, gibt es eine Schulhymne. Sie nennt in jeder ihrer drei Strophen sowohl Japan und Deutschland als auch den Rhein, und es wird deutlich spürbar, wie sehr sich die Schule ihrer besonderen Geschichte bewusst ist und sich mit der hiesigen Region verwoben fühlt. Daher gehört Deutsch als Unterrichtsfach von der ersten Klasse an fest zum Fächerkanon hinzu. Überhaupt bilden kommunale und internationale Begegnungen einen wichtigen Bestandteil der schulischen Erziehung. Man beteiligt sich an gemeinsamen Aktionen, besichtigt deutsche Einrichtungen und pflegt einen regen Austausch mit anderen Schulen, auch solchen im europäischen Ausland; beispielsweise kamen zuletzt Anfang November 2001 Schüler aus Luxemburg nach Düsseldorf. Vor allem unterhält die Japanische Internationale Schule Kontakt zu vier Grundschulen (Katholische Grundschule, Don-Bosco-Grundschule, Löricker Grundschule und Gebrüder Grimm Grundschule) und drei Gymnasien (Cecilien-Gymnasium, Comenius-Gymnasium, Hochdahl-Gymnasium) im Düsseldorfer Raum. Am engsten ist die Beziehung zum Cecilien-Gymnasium, an dem Japanisch als Schulfach im bilingualen Zweig vertreten ist und mit großem Engagement betrieben wird. Mit dem Cecilien-Gymnasium veranstaltet man gemeinsam Konzerte, beteiligt sich am dortigen Weihnachtsbasar und am "Tag der offenen Tür", trainiert zusammen Kendô u.v.m.; auch stellt das Cecilien-Gymnasium jedes Jahr beim Sportfest der Japanischen Internationalen Schule im Herbst, das in der Halle des Rheinstadions stattfindet, eine Mannschaft für das Fußball-Freundschaftsspiel.
Nicht nur für japanische Familien mit schulpflichtigen Kindern, sondern auch für die Düsseldorfer ist die Japanische Internationale Schule ein wichtiger Bestandteil des hiesigen Lebens und ein Ort der Begegnung geworden. Es freut uns sehr, dass der Kinderchor der Schule beim "Japan-Tag 2002 Düsseldorf / NRW" am 25. Mai dieses Jahres auftreten und sich überdies vier Mannschaften der JISD am Street Soccer-Freundschaftsspiel beteiligen werden. Wir möchten Sie bitten, diese Teams genauso anzufeuern wie diejenigen auf deutscher Seite, und hoffen auf viele schöne Begegnungen!