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Japanese VersionDeutsche Version
Herr Generalkonsul Dr. Takahiro Shinyo:

Im Dienste des Friedens
"Der deutsche Weg" und "Der japanische Weg"

(Zusammenfassung eines Vortrags,
gehalten im Dezember 2002 in Bonn und Göttingen)

(Japan Forum, Januar 2003, S. 1-2)

Der Golf-Krieg vor 10 Jahren hat in der japanischen Außenpolitik zwei bedeutende Entscheidungen nach sich gezogen. Zum einen wurde die bis dato rein finanzielle Unterstützung auf eine personelle Unterstützung auch im Rahmen von Auslandseinsätzen der Selbstverteidigungskräfte ausgedehnt, und zum anderen wurde mit dem Slogan "No taxation without representation" eine Reform des UN-Sicherheitsrats verfochten.

In Folge der ersten Entscheidung, nämlich sich an friedenserhaltenden Maßnahmen zu beteiligen, entsandte Japan erstmals 1992 ein logistisches Batallion von 600 Mann nach Kambodscha. In den darauf folgenden 10 Jahren wurde Personal zu insgesamt 8 Einsätzen im Rahmen von friedenserhaltenden Maßnahmen der UN entsandt. In Folge des Terrorangriffs auf New York leistet Japan den amerikanischen Streitkräften logistische Unterstützung und hat Marineeinheiten der Selbstverteidigungskräfte inklusive zweier Versorgungsschiffe in den Indischen Ozean und das Arabische Meer entsandt. Nach dem Ende des Kalten Krieges sind Japan und Deutschland vom wirtschaftlichen Erfolgskurs abgekommen, es zeichnet sich ein Reformstau ab und insbesondere Japan, wo bereits von einem "verlorenen Jahrzehnt" die Rede ist, wird auf eine harte Probe gestellt. In politischer und sicherheitspolitischer Hinsicht hingegen werden konsequent Schritt für Schritt Mittel zur Verfügung gestellt, damit Japan als "normaler Staat" seiner Verantwortung nachkommen kann. Dadurch, dass es in Deutschland mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1994 möglich geworden ist, die Bundeswehr an friedenserhaltenden und friedenserzwingenden Maßnahmen sowie an humanitären Interventionen zu beteiligen, hat sich in Deutschland ein bemerkenswerter Wandel vollzogen und im Vergleich zu Japan haben sich einige Unterschiede ergeben.

Mit der zunehmenden Zuspitzung der Irakfrage hat die wieder gewählte Regierung unter Bundeskanzler Schröder den Angriff der USA auf den Irak und die Beteiligung der Bundeswehr an einer solchen Aktion öffentlich abgelehnt. Damit beschreitet Deutschland erstmalig einen eigenständigen "deutschen Weg". Japan bezieht nicht so eindeutig Stellung, verhält sich aber anders als bei der Afghanistan-Frage zurückhaltend und fördert die internationale Kooperation. Mit dem Terrorakt vom 11. September vergangenen Jahres ist die Welt in ein Zeitalter eines neuartigen Krieges eingetreten. Angesichts der "Irak-Krise" würde ich gerne gemeinsam mit Ihnen darüber nachdenken, in wie weit sich Japan und Deutschland eigenständig mit dem Weltfrieden und der Sicherheitsfrage auseinandersetzen, wo die Möglichkeiten und wo die Grenzen sind, und wie sich der "deutsche Weg" vom "japanischen Weg" unterscheidet.

1. Der "japanische Weg" und der "deutsche Weg" - der japanische und der deutsche Ansatz im Vergleich

Die Unterschiede zwischen Japan und Deutschland bei der Handhabung der internationalen Krisenbewältigung nach dem Golfkrieg liegen nicht nur in den verfassungsrechtlichen Unterschieden, sondern auch in den landesspezifischen und systemimmanenten Gegebenheiten begründet. Diese Unterschiede sind sicherlich sehr interessant und werden deutlich, wenn man den Prozess vergleicht, den beide Länder in den vergangenen 10 Jahren seit dem Golfkrieg durchlaufen haben. Eigentlich wird Deutschland für legalistisch und deduktiv gehalten, d.h. es ist an der Befolgung von Gesetzen orientiert und leitet den Einzelfall vom Allgemeinen ab. Japan hingegen hält man für an der Politik orientiert und induktiv, d.h. es schließt eher vom besonderen Einzelfall auf das Allgemeine.

Interessanterweise ist dies hinsichtlich der Blauhelm-Einsätze genau umgekehrt. Direkt im Anschluss an den Golfkrieg ist in Japan im Parlament ernsthaft darüber debattiert worden, was im Rahmen der Verfassung, einschließlich der Blauhelm-Einsätze, möglich ist. Es wurden mehrere Gesetzesentwürfe präsentiert, die aber gescheitert sind, und so wurde erst rund zwei Jahre später mit dem "Gesetz zur internationalen Friedenskooperation" ein Sondergesetz verabschiedet. Nach dem Terrorangriff auf New York am 11. September wurde das "Gesetz über Antiterror-Sondermaßnahmen" erlassen. Hierdurch ergeben sich neue Möglichkeiten und somit entwickelt sich der japanische Ansatz zu einem auf dem Legalismus beruhenden, deduktiven Ansatz.

Im Gegensatz dazu der deutsche Ansatz. Unter der damaligen CDU/CSU-FDP Regierung sollte das Grundgesetz entsprechend geändert werden, um eine Entsendung der Bundeswehr zu friedenserhaltenden und friedenserzwingenden Maßnahmen sowie zur Wahrnehmung des kollektiven Selbstverteidigungsrechts in Gebiete außerhalb der NATO zu ermöglichen. Aufgrund der vermehrt aufgetretenen regionalen Konflikte wurde Deutschland überstürzt zu einer Reaktion aufgefordert, mit der Folge, dass langsam und stillschweigend, ohne den Prozess einer Grundgesetzänderung oder einer Gesetzgebung zu durchlaufen, Marine in die Adria, mit Frühwarnsystemen gestützte AWACS zur Überwachung des Luftraums über Bosnien-Herzegowina und Bodentruppen nach Somalia entsandt wurden. Daraufhin reichte die SPD, damals in der Opposition, und auch die an der Regierung beteiligte FDP Verfassungsklage vor dem Bundesverfassungsgericht ein, um die Verfassungsmäßigkeit der von der Regierung ergriffenen Maßnahmen anzufechten. Am 12. Juli 1994 urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass in drei Fällen die Verfassungsmäßigkeit gegeben sei. Des weiteren wird ausgeführt, dass als Bedingung für einen Einsatz bewaffneter Streitkräfte grundsätzlich eine "vorherige konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages einzuholen" ist.

Vor diesem Hintergrund hat es im deutschen Bundestag keine Verfassungsdebatte gegeben und es ist kein Gesetz erlassen worden. Die Problematik ist in der Hauptsache durch ein juristisches Urteil gelöst worden. Dadurch kann Deutschland unter dem Schirm der UN oder der NATO bei nahezu allen friedenserhaltenden Maßnahmen, Einsätzen zur Friedensumsetzung sowie Einsätzen multinationaler Truppen mitwirken, vorausgesetzt, es ist eine konstitutive Zustimmung des Bundestages eingeholt worden. Unter dem Aspekt, dass Deutschland ohne gesetzgeberische Diskussion zu einem Ergebnis gekommen ist, ist der deutsche Ansatz nicht legalistisch, sondern politisch oder juristisch und unter dem Aspekt, dass Deutschland bei der Entsendung der Bundeswehr einen Leistungsvorsprung hat, ist der Ansatz induktiv.

2. Wohin führt der "japanische Weg"?

 Japan muss aufgrund von Artikel 9 seiner Verfassung noch einige Hürden überwinden, um einen umfassenden Beitrag zur internationalen Krisenbewältigung leisten zu können. Eine Verfassungsänderung wäre für Japan nicht so einfach und so ist es beim gegenwärtigen Stand der Dinge notwendig, im Rahmen der bestehenden erheblichen Einschränkungen eine verfassungsrechtliche "Nische" zu suchen und ein neues Gesetz zu erlassen, um den Handlungsrahmen zu erweitern. Der Beitrag Japans zur internationalen Krisenbewältigung ist nicht nur auf friedenserhaltende Einsätze beschränkt geblieben. Allerdings muss man auch sagen, dass die legitimierten Einsätze aufgrund der Verfassung, die die Ausübung des kollektiven Selbstverteidigungsrechts ausschließt, bereits an ihre Grenzen stoßen.

 Deutschland befindet sich im Zentrum der kantschen Welt ("Ewiger Frieden") und übernimmt mit der Kritik an den militärischen Aktionen der USA gegen den Irak eine Vorreiterrolle. Darunter versteht man den "deutschen Weg" nach Bundeskanzler Schröder. Doch wie soll der "japanische Weg" aussehen, wo sich Japan unglücklicherweise in der hobbesschen Welt befindet. Ich denke, Japan sollte ein Notstandsgesetz vorbereiten und das Problem des Rechts auf kollektive Selbstverteidigung lösen, um dadurch auf dem Weg zu einem "normalen Staat" einen großen Schritt voran zu kommen. In der hobbesschen Welt ist es allerdings nicht ganz einfach, einen "japanischen Weg" zu beschreiten, der sich vom bisherigen Kurs unterscheidet. Japan als ein Land, das keine Atomwaffen besitzt, keine Waffen exportiert und auf der Welt das einzige Land ist, das Opfer eines Atombombenabwurfs geworden ist, wird einen Weg einschlagen, der die Friedensauffassung wie sie in der UN-Charta festgelegt ist, umsetzt. Ganz gleich, wo auf der Welt, die atomare Katastrophe darf sich nie wiederholen.

 Es ist klar, dass in Zukunft weder Deutschland noch Japan ein militärisches Moratorium auferlegt wird, so wie es während des Kalten Krieges bestanden hat. Deshalb sollten die durch die japanische Verfassung vorgegebenen Einschränkungen so schnell wie möglich aufgehoben werden und damit Japan als normaler UN-Mitgliedstaat agieren kann, sollte auch die Frage des kollektiven Selbstverteidigungsrechts im Einklang mit den Maßgaben der UN-Charta gelöst werden. Genauso wenig, wie es einen deutschen Alleingang geben kann, kann es einen japanischen geben. Um die Frage zu beantworten, wie man im Geiste Kants in der hobbesschen Welt des 21. Jahrhunderts leben kann, ist es am wichtigsten, Mut zu zeigen und ein ausgewogenes Augenmaß an den Tag zu legen.

© Japanisches Generalkonsulat Düsseldorf (2002)

Lebenslauf

Herr Generalkonsul
Dr. Takahiro Shinyo

 


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