Home

 Konsularisches
   Visa-Angelegenheiten,
   Führerscheine etc.


 Kultur- und
 Informationsbüro

  - Wir über uns
  - Japan Forum
  - Informations-
    veranstaltungen

  - Ausschreibungen
  - Sonstige Hinweise


 Veranstaltungen
 in NRW

   Veranstaltungen,
   Ausstellungen


 Wirtschaft & Politik
   Zahlen und Fakten,
   Invest Japan etc.


 Links
   Japanbezogene
   Homepages
,
   Zeitschriften,
   Sprachkurse etc.

Japanese VersionDeutsche Version
Interview mit
Herrn Generalkonsul
Dr. Takahiro Shinyo


(Japan Forum, Juli 2002, S. 1-2)

Frage 1:
Haben Sie die deutsche Wiedervereinigung und die bedeutenden gesellschaftspolitischen Wandlungen jener Zeit während Ihrer Tätigkeit im Referat für UN-Politik bewusst mitverfolgen können? Inwieweit konnten Sie in Ihrer späteren Deutschlandzeit einen Wandel in Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft und Politik beobachten?

Herr Dr. Shinyo:
Der Fall der Mauer war ein Ereignis, das ich damals aus Japan sehr genau mitverfolgt habe. Meiner Meinung nach hat die Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten und die Beendigung des Kalten Krieges bewirkt, dass Deutschland sich innerlich festigen und zur Normalität zurückkehren konnte. Als Mitglied der Europäischen Union trägt die Bundesrepublik große Verantwortung im sicherheitspolitischen Bereich und beteiligt sich an zahlreichen friedenserhaltenden Maßnahmen, z.B. in den Ländern Kambodscha, Somalia, Bosnien, im Kosovo und in Afghanistan. Auf der Grundlage eines 1974 verabschiedeten Urteils des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe kann sich die deutsche Bundeswehr aktiv an militärischen Aktionen beteiligen. Bereits kurze Zeit nach der Wiedervereinigung und nachdem die ersten militärischen Beschränkungen seit Beendigung des Kalten Krieges beseitigt waren, musste Deutschland innerhalb der internationalen Gemeinschaft wichtige Entscheidungen für eine erhöhte Sicherheitspolitik treffen. Anders als Deutschland ist Japan nur berechtigt, an friedenserhaltenden Maßnahmen teilzunehmen und darüber hinaus logistische Unterstützung zu leisten. Beide Nationen streben aber nach wie vor einen permanenten Sitz im Weltsicherheitsrat an, da sie der Auffassung sind, dass ihre nationale Bedeutung einen entsprechenden Status und ihre Mitbestimmung erforderlich mache. Japan befasste sich bereits früher als Deutschland mit dieser Frage und machte 1992 die UNO darauf aufmerksam. Obwohl dem gemeinsamen Antrag beider Länder auf eine Aufnahme in den Sicherheitsrat bisher nicht stattgegeben wurde, bemühen sich beide Nationen in enger Kooperation um eine Fortsetzung des Reformprozesses, da sie darin die Möglichkeit einer globalen und effektiven Mitgestaltung der UNO sehen.

Das Ende des Kalten Krieges bedeutete für Japan auch ein Ende seiner bubble economy und stellte das Land vor schwerwiegende wirtschaftliche Probleme, die eine soziale und ökonomische Reform unumgänglich machten. Wirtschaftliche Probleme existieren in Japan und in Deutschland, doch scheint eine Lösung nur längerfristig realisierbar. Meines Erachtens wäre eine enge Kooperation zwischen den beiden Produktionsländern vor allem in den Bereichen Technologie und Wirtschaft eine sinnvolle Perspektive. Berücksichtigt werden sollte jedoch die jeweilige Identität des Landes. Zuviel Pessimismus angesichts der gegenwärtigen Situation ist sicherlich nicht angebracht, und ich bin zuversichtlich, dass die Schwierigkeiten in einigen Jahren überwunden sein werden und Japan wie Deutschland seine wirtschaftliche Stellung in der Welt behaupten kann.

Frage 2:
Wie beurteilen Sie im Zusammenhang mit dem Umzug der Japanischen Botschaft von Bonn nach Berlin die Bedeutung von NRW als Wirtschaftsstandort für japanische Unternehmen? Gibt es in diesem Zusammenhang Schwerpunkte, die Sie als gegenwärtiger Generalkonsul in Düsseldorf setzen würden oder gerne realisiert sähen?

Herr Dr. Shinyo:
Ich denke, dass seit der Hauptstadtverlegung Nordrhein-Westfalen als Wirtschaftsstandort für Japaner nicht wesentlich an Bedeutung verloren hat. Nach dem Mauerfall richteten japanische Unternehmen zwar vorübergehend ihren Blick nach Berlin, doch erkannten sie bald, dass die Bundeshauptstadt ein politisches, aber kein wirtschaftliches Zentrum darstellt. In Berlin sind daher japanische Firmen auch nicht so zahlreich angesiedelt wie hierzulande.

Nordrhein-Westfalen stellt für japanische Unternehmen einen sehr attraktiven Standort dar. Als Ballungszentrum bietet es stark akkummulierte wirtschaftliche Bedingungen und hat ausreichend Personalkräfte, Kapital und Technologie zu bieten, abgesehen von einem umfassenden menschlichen Netzwerk und einer entsprechenden japanischen Infrastruktur. Solange diese positive business-Atmosphäre erhalten bleibt, wird die hiesige Region für japanische Firmen sicherlich interessant bleiben.

Das bevölkerungsreichste deutsche Bundesland bietet für Japaner auch in geographischer Hinsicht interessante Aspekte: Seine Nähe zu anderen EU-Ländern gereicht den japanischen Firmenniederlassungen zum Vorteil, denn sie können von hier aus gut verfolgen, welche politischen und wirtschaftlichen Strategien gegenüber Osteuropa und den Kandidatenstaaten der EU in Brüssel getroffen werden, und sich entsprechende Informationen beschaffen, um von außen mitwirken zu können. Ministerpräsident Clement hat sicher zu Recht Nordrhein-Westfalen als "Metropole Westeuropas" bezeichnet.

Deutsche Firmen verfügen in der der Regel über gute europaweite Erfahrungen. Ich denke, dass es auch im Sinne der japanischen Wirtschaft wäre, wenn japanische Firmen, die ihre Produkte mit eigenem Kapital und eigener Technologie herstellen, Meinungen und Ratschläge markterfahrener deutscher Unternehmen mit in Betracht zögen. Business kann überall betrieben werden, wichtig ist nur, dass die äußeren Bedingungen für die Unternehmen stimmen.

Düsseldorf nimmt in dieser Hinsicht eine Art Modellcharakter ein, denn das Verhältnis zwischen der Stadt und den hier ansässigen Japanern gestaltet sich besonders eng und positiv.

Eine Betrachtung der demographischen Strukturen und Tendenzen in Japan und Deutschland macht die Notwendigkeit einer Entwicklung neuer Technologien deutlich, die nicht auf der Stärke humaner Arbeitskräfte beruhen, sondern das gleiche Volumen und die gleichen Effekte unter Einsparung von Arbeitskräften gewährleisten sollten. In Deutschland beläuft sich die Einwohnerzahl gegenwärtig auf 82 Millionen Menschen und wird für das Jahr 2050 auf 66 Millionen geschätzt, in Japan wird ein Rückgang von aktuell 120 Millionen Menschen auf 100 Millionen innerhalb eines Zeitraums von 50 Jahren angenommen.

Das Wirtschaftspotential eines Landes zu halten ist einfach, solange konventionelle Methoden vorhanden sind und funktionieren, doch ist zu hoffen, dass längerfristig auch technische, soziale sowie wirtschaftliche Innovationen erfolgen und der vorhandene Wissensschatz intensiviert und vermehrt werden kann.

Frage 3:
Welche Bedeutung messen Sie der Wirtschaftskonferenz, die einen Tag vor dem diesjährigen Japan-Tag Düsseldorf / NRW stattfand, in Hinblick auf die gegenwärtigen und künftigen deutsch-japanischen Wirtschaftsbeziehungen bei?

Herr Dr. Shinyo:
Ich freue mich sehr, dass die Wirtschaftskonferenz auf so reges Interesse gestoßen ist - es haben über 200 Personen daran teilgenommen! Diese große Resonanz macht aber auch deutlich, dass Technologietransfer zwischen unseren Ländern ein wichtiges und vor allem schwieriges Kapitel darstellt. Wirtschaft kann nur auf der Grundlage technischen Potentials gedeihen, das durch Innovation und Technologietransfer möglich wird.

Es war sicherlich eine sinnvolle Idee, diese Wirtschaftskonferenz durchzuführen. Ich hielte es für begrüßenswert, wenn künftig Konferenzen zu anderen Themenstellungen, möglichst von Experten aus dem wirtschaftlichen und akademischen Bereich sowie aus Politik und Wirtschaft, durchgeführt würden. Vor dem Hintergrund der Globalisierung wäre das Stichwort Wirtschaftsethik meines Erachtens ein interessantes und aktuelles Thema.

Frage 4:
Mit den Japan-Veranstaltungen in den Jahren 1983, 1993, 1999/2000 und dem diesjährigen Japan-Tag in Düsseldorf wurden erfreuliche Akzente nicht nur im wirtschaftlichen Bereich, sondern auch auf zwischenmenschlicher Ebene gesetzt. Wie schätzen Sie die Chancen für weitere Veranstaltungen dieser Art ein, beispielsweise für einen regelmäßig stattfindenden Japan-Tag?

Herr Dr. Shinyo:
Mit dem Fall der Berliner Mauer in Deutschland und dem Ende der bubble economy in Japan setzte in beiden Ländern eine Dekade der Neuorientierung ein. In dieser Zeit, die in Japan auch als die "verlorenen zehn Jahre" bezeichnet wird, ging das beiderseitige Interesse etwas zurück. Während sich das wiedervereinte Deutschland auf innereuropäische Probleme konzentrierte, wandte sich Japan vor allem der Wirtschaftskrise im eigenen Land zu.

In dem Bewusstsein, dass die Situation geändert werden muss, wurde von Seiten Japans und der EU im Jahre 2001 unter dem Motto "Dekade der Zusammenarbeit zwischen Japan und Europa" vereinbart, konkrete Projekte durchzuführen, um die gegenseitigen Beziehungen zu intensivieren. Es wurde ein Aktionsplan geschaffen, in dem 21 Bereiche aufgeführt sind, in denen künftig eine engere Zusammenarbeit angestrebt wird.

Gewissermaßen als Parallele zu diesem Projekt wurde ein sog. "7-Säulen-Programm" ins Leben gerufen, das einen Ausbau der deutsch-japanischen Beziehungen zum Inhalt hat und als "highlight" bereits die Veranstaltungsreihe des Japan-Jahres 1999/2000 in Düsseldorf/NRW zu bieten hatte.

Anfang Juli wird Herr Bundespräsident Rau anlässlich der laufenden Fußball-WM Korea/Japan in Asien erwartet. Im Rahmen eines in Tôkyô stattfindenden asienpazifischen Ausschusses sind zahlreiche Unternehmer nach Japan gereist, um sich dort politisch und wirtschaftlich zu engagieren. In Nachfolge zur Expo in Hannover im Jahre 2000 ist für 2005 in Aichi eine Weltausstellung vorgesehen. In den Jahren 2005 und 2006 wird sich Deutschland mit einem vielfältigen Begegnungsprogramm in Japan vorstellen. Als sportliche Ereignisse stehen schließlich noch die nächste Fußball-WM 2006 und eventuell 2012 die Olympischen Spiele in Deutschland bevor.

Ich denke, dass man angesichts dieser zahlreichen Aktionspunkte eine Dekade erwarten kann, die einen wichtigen Beitrag zur interkulturellen Begegnung zwischen Menschen aller Altersstufen leistet. Vor diesem Hintergrund stellt der Japan-Tag 2002 Düsseldorf / NRW sicherlich eine ideale Gelegenheit dar, menschliche Kontakte zu knüpfen und zu vertiefen. Die große Resonanz auf dieses Begegnungsfest stimmt mich optimistisch, dass eine derartige Veranstaltung auch künftig und möglichst regelmäßig stattfinden kann.

Frage 5:
Haben Sie vielleicht eine kleine Anekdote im Zusammenhang mit Ihren bisherigen Deutschlanderlebnissen zu erzählen? (Sicherlich ist Ihnen - gerade bei Ihren ersten Berührungen mit deutscher Kultur und Lebensweise - im Land selbst manches widerfahren, das Sie im Nachhinein schmunzeln lässt?)

Herr Dr. Shinyo:
Ich bin der Meinung, dass es gerade für einen jungen Menschen sehr wichtig ist, sich für eine Weile in einem fremden Land aufzuhalten und sich einen Einblick in die dortige Kultur und Mentalität zu verschaffen. Als ich im Alter von 23 Jahren zum ersten Mal nach Deutschland kam, wohnte ich in Iserlohn und erlernte am dortigen Goethe-Institut die deutsche Sprache. Untergebracht war ich bei einer älteren Dame, die inzwischen leider verstorben ist. Frau Vollmer erwies sich mir gegenüber als ideale "Lehrmeisterin", denn sie vermittelte mir einen profunden Einblick in deutsche Kultur und Lebensweise. Noch heute bin ich ihr dankbar für alles, was siemir damals erzählt und erklärt hat. Sie imponierte mir mit ihrer warmherzigen Art und ihrem entgegenkommenden und seriösen Auftreten.

Hinsichtlich meiner ersten Deutschlanderlebnisse wurde ich also nicht enttäuscht - im Gegenteil - meine ersten Erfahrungen mit diesem Land übertrafen meine Erwartungen sogar noch bei weitem! Zuverlässigkeit, Gerechtigkeitssinn und Pflichtbewusstsein sind nur einige "Tugenden", die mir immer wieder bei der deutschen Bevölkerung auffallen.

Auch Hilfsbereitschaft haben meine japanischen Freunde und ich in Deutschland schon in verschiedensten Situationen erfahren, so z.B. ein japanischer Bekannter von mir, der vergeblich versuchte, einem Bus hinterherzulaufen, und von einem Autofahrer, der ihn beobachtet hatte, zum gewünschten Ziel mitgenommen wurde.

© Japanisches Generalkonsulat Düsseldorf (2002)

Lebenslauf

Herr Generalkonsul
Dr. Takahiro Shinyo

 


_______________________________

Home
  •  Kultur- und Informationsbüro  •  Veranstaltungen  •  Japan Forum  •  Konsularisches  • 
 Wirtschaft & Politik  •  Links  •  Kontakt   •  Impressum  •  Sitemap  •   Wegweiser  •